Sieben Jahre lang hatte Andreas Fischer, 58, die Schiedsrichter-Abteilung erfolgreich geführt. Nach einer respektablen Karriere als Spieler in den beiden höchsten Ligen (über 500 Spiele für Bern, Ambri, Zug und Chur) war er acht Jahre lang selbst Schiedsrichter.
Ambri hat ihm nach der letzten Saison den Job als Geschäftsführer angeboten. Eine Chance und eine neue Herausforderung, die er sich nicht entgehen lassen wollte.
Auf ihn folgte Nicolas Fluri. Doch der legt sein Amt schon wieder nieder, wie der Verband am Montag offiziell bekannt gab:
Hinter dieser staubtrockenen Meldung versteckt sich ein Kultur- und Machtkampf.
Bereits die Nachfolgeregelung von Andreas Fischer war theaterreif: Philippe Rytz – ein ehemaliger Verteidiger und seit 2021 in der Schiedsrichter-Abteilung tätig – war eigentlich gesetzt. Dann wurde das ganze Verfahren nach Intervention des Verbandspräsidenten noch einmal geöffnet, um Daniel Stricker ins Spiel zu bringen: Er hatte von Andreas Fischer keinen Profivertrag mehr als Schiedsrichter bekommen. Um die aufgebrachten Gemüter zu beruhigen ist schliesslich Nicolas Fluri als Kompromisslösung auserkoren worden. Eine Überraschung ist seine kurze Wirkungszeit unter diesen Umständen nicht. Es hat Wetten gegeben, dass er den Job nicht länger als sechs Monate machen wird.
Das Problem wird übereinstimmend so geschildert: Wir haben viele Schiedsrichter mit sehr guten Regelkenntnissen aber zu wenig Schiedsrichter mit einer starken Persönlichkeit. Ein Grund dafür sei ein zu inzwischen nicht mehr konsequent gelebtes Leistungsprinzip (für das der abtretende Andreas Fischer stets gekämpft hatte) und der Generationenwechsel sei verpasst worden. Die «alte Garde», die sich gegen Veränderungen und Modernisierung sträube, habe zu viel Macht.
Die Führung der Schiedsrichter-Abteilung ist nicht einfach: Einerseits sind da die zehn Profi. Andererseits die Amateure für alle Ligen. Dazu kommt die schwierige Rekrutierung von neuen Schiedsrichtern. Die Schiedsrichter sind die am besten untereinander vernetzte «Hockey-Familie», in der DNA konservativ, in Machtkämpfen kundig und entsprechend schwierig zu führen. Sie stehen von vielen Seiten unter Druck, halten zusammen und sind doch zerstritten – wie eine richtige Familie eben.
Doch wer bekommt nun den Job? Die Fortschrittlichen hätten nichts dagegen, wenn Andreas Fischer (mit Nationaltrainer Patrick Fischer nicht verwandt) zurückkehren würde. Die Gewährsleute aus der Leventina melden, dass er den Job sehr gut mache, aber mit dem selbstherrlichen Führungsstil von Präsident Filippo Lombardi schon ein wenig Mühe habe, der sich ständig ins Tagesgeschäft einmische. Klagen über den grossen Vorsitzenden, die man auch von anderen Angestellten vernehme und manchmal höre man auch Sportchef Paolo Duca und Trainer Luca Cereda seufzen.
Warum also nicht Andreas Fischer fragen? Selbst bewerben wird er sich kaum. Die Konservativen werden wohl einen der aktiven Schiedsrichter in Stellung bringen und Daniel Stricker könnte wieder ein Thema werden. Er ist nach wie vor als Schiedsrichter im Einsatz. Aber nicht mehr Profi.
Der Schiedsrichterchef wird vom Verwaltungsrat des Verbandes gewählt. Dort haben die Liga-Generäle seit der Loslösung vom Verband nur beschränkt Einfluss. Die Manager und Sportchefs der National League könnten mit einer Rückkehr von Andreas Fischer leben (er ist ja nicht im Krach gegangen), hätten aber am liebsten eine starke Persönlichkeit, die noch nicht mit dem Schiedsrichterwesen verfilzt ist – also von aussen kommt – und den Mut und die Ausdauer hat, die Schiedsrichterabteilung von Grund auf zu rocken. Dagegen werden sich die Konservativen noch energischer zur Wehr setzen als die Fortschrittlichen. Es ist nicht einfach, Schiedsrichter zu sein. Und es ist noch viel schwieriger, unparteiischer Chef der Schiedsrichter zu sein.